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propriozeptives Training

Was haben Rasen, Sand, unebener Waldboden sowie ein Pezzi- bzw. Gymnastikball, ein Luftkissen, ein Wackelbrett und eine Gymnastikmatte gemeinsam? Ihr gemeinsamer Nenner verbirgt sich im Wort Propriozeption (lat. Eigenwahrnehmung), denn die aufgezählten Untergründe bzw. Gegenstände können für das Training der Tiefensensibilität genutzt werden. Propriozeptives Training soll die Wahrnehmung des Körpers im Raum verbessern, indem die bewusste Steuerung der Segmentbewegungen (Arme, Beine) sowie die Wahrnehmung der Lage derselben zueinander geschult werden. Dies erfordert sensorische und motorische Koordination und wird in der Sportwissenschaft auch als kinästhetische Differenzierungsfähigkeit bezeichnet. Hierfür sind vor allem die Messfühler in unserer Muskulatur, sprich Muskelspindeln und Golgi-Sehnen-Apparate von entscheidender Bedeutung, weil sie uns ununterbrochen Rückmeldung über den Spannungszustand unserer Muskulatur und Sehnen geben. Aus diesen vielen Informationen der Arm-, Schulter-, Rumpf-, Hüft-, Ober- und Unterschenkelmuskeln ergibt sich dann zusammen mit denen unseres optischen (Auge) und vestibulären (Gleichgewichtsorgan in Innenohr) Analysators im Gehirn ein komplexes Bild unserer momentanen Körperstellung.

Segen: „Dieser Athlet verfügt über ein besonders gutes Bewegungsgefühl.“ Welcher Trainer kennt diesen Spruch nicht? Dieses Lob verdeutlicht, dass von guten Sportlern neben der Kraft, Koordination und Ausdauer auch gerade in komplexen technischen Disziplinen (z.B. Stabhochsprung) noch anderen Qualitäten verlangt werden. Wie häufig hört man von Athleten: „Heute treffe ich mich einfach nicht“. Und das liegt zumeist nur an Nuancen z.B. einer etwas stärkeren Supination beim Fußaufsatz. Hier kommt die Propriozeption ins Spiel, sozusagen das Training der kleinen Muskeln. Sie sind dafür zuständig, dass wir z.B. während der Stützphase beim Sprint im Gleichgewicht bleiben und so den mit den großen Muskeln den nötigen Vortrieb optimal erzeugen können. Das Training der sogenannten intrinsischen Muskeln des Fuß- bzw. Sprunggelenks z.B. auf einem Luftkissen oder barfuß im Sand stellt ein ständiges Ausgleichen eines labilen Gleichgewichts dar, das neben der Tiefensensibilität auch die intermuskuläre Koordination schult. Gleiches gilt auch für das Training der Rumpfmuskulatur mit einem Pezzi-/Gymnastikball. All diese Übungen können dazu beitragen die Belastungsresistenz zu erhöhen, Überlastungsschäden vorzubeugen und somit eine nachhaltige Leistungsentwicklung sicherzustellen. Aus diesem Grund sollte die Fußstabilisation (als ein Beispiel des propriozeptiven Trainings) - egal in welcher Form sie durchgeführt wird - gerade für Leichtathleten ein unersetzlicher, prophylaktisch wirksamer Trainingsinhalt sein, der bei regelmäßiger Durchführung die Verletzungsanfälligkeit reduzieren kann.

Fluch: Doch wie leider so häufig, kann hierfür keine Garantie ausgesprochen werden. Desweiteren ist der direkte Einfluss auf die disziplinspezifische Leistungsfähigkeit nicht quantifizierbar, sodass das propriozeptive Training häufig zugunsten anderer als „wichtiger“ erachteter Trainingsinhalte (z.B. Freihanteltraining oder Tempoläufe) aus dem wöchentlichen Trainingsplan fällt. Jedoch wäre es im Sinne einer umfassenden koordinativen Ausbildung ein Fluch, wenn gerade im Schülertraining die Eigenwahrnehmung bzw. Tiefensensibilität der Kinder nicht geschult werden würde. Problem hierbei ist, dass dieses Training häufig ein gewisses Maß an Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen verlangt, was viele Athleten leider vermissen lassen. Häufig wird es deshalb vor allem von jungen Sportlern als „langweilig“ und „nutzlos“ abgestempelt, da sich die Trainingseffekte anders als z.B. bei der Verbesserung des Einwiederholungsmaximums (1 RM) bei einer Kniebeuge nicht direkt sehen lassen und daher als deutlich unspektakulärer eingestuft werden.

Mein Fazit: Propriozeptives Training sollte für jeden Leichtathleten - egal ob Sprinter, Sprinter, Werfer oder Läufer - ein fester Bestandteil im wöchentlichen Trainingsplan sein. Gerade in der allgemeinen Vorbereitungsphase bietet sich dieser Trainingsinhalt zur Steigerung der Belastungsverträglichkeit an. Aufgrund einer gesteigerten Tiefensensibilität kann sich neben dem Bewegungsgefühl auch die disziplinspezifische Technik und damit die Leistungsfähigkeit verbessern. Ob sich neben diesem SEGEN auch eine Senkung der Verletzungsanfälligkeit einstellt, kann nur vermutet werden. Der FLUCH der Propriozeption liegt in seiner meist unspektakulären Ausführung begründet, die es für viele Athleten unattraktiv macht. Nichtsdestoweniger sollten gerade Trainer im Schüleralter die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit gezielt schulen.

Tobias Alt

 
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